Die EU hat Deutschland wegen der steigenden Nitratbelastung des Grundwassers und jahrelanger Untätigkeit bei dessen Schutz verklagt. Die Klageschrift hat es in sich. Die Landwirtschaft befürchtet massive Folgen – Junglandwirte in Westfalen-Lippe Fragen sich zu Recht: „Hat unsere Landwirtschaft noch Zukunft?
Wieder einmal steht die deutsche Landwirtschaft in den Schlagzeilen. Schlagwörter wie „Landwirte verpesten die Umwelt“, „Überdüngung mit Gülle und Mist“ werden in den Medien rauf und runter gespielt. „Fakt ist, dass an einigen Grundwasserkörpern die Nitratwerte zu hoch sind“, so Stefan Schmidt von der Westfälisch-Lippischen Landjugend (WLL). „Dies weisen auch die Junglandwirte aus Westfalen-Lippe nicht von sich! Doch ist dies nur ein herbeigeführtes Problem, welches von uns Landwirten herbeigeführt wurde, oder muss man auch weitere Lösungsansätze suchen und am Ende gemeinsam die richtige Lösung finden – sowohl für den Landwirt als auch für den Verbraucher?“, so der 23 jährige Junglandwirt weiter.
Ist es am Ende damit getan, den Landwirten immer weiter die „Daumenschrauben“ anzuziehen? Denn Fakt ist, das die Landwirte bereits jetzt unter enormen Auflagen und damit verbundenen Kosten leiden. Den Landwirten eine generelle Überdüngung vorzuwerfen und als alleinigen Sündenbock darzustellen geht der Westfälisch-Lippischen Landjugend zu weit. Die Landwirte berechnen ihre Düngermengen, insbesondere den Stickstoff bis auf das Kilogramm je Hektar genau aus, um diesen pflanzengerecht und vor allem bedarfsgerecht zu düngen und somit eine Überdüngung zu vermeiden. Denn jedes Kilogramm Stickstoff, egal ob aus Gülle oder Mineraldünger (im Volksmund „Kunstdünger“), kostet den Landwirt Geld. Daher liegt jedem Landwirt aus „ökonomischer Sicht“ viel daran, nur bedarfsgerecht zu düngen! In Veredlungsgebieten mit einem Überschuss an Wirtschaftsdüngern, also Gülle und Mist, muss noch mehr daran gearbeitet werden, diese überzähligen Nährstoffe anderweitig zu nutzen, dass zum Beispiel über die Nährstoffbörsen die Wirtschaftsdünger in Ackerbauregionen ohne Viehhaltung vermittelt werden. Zeitgleich sollte aber auch die Einfuhr von Wirtschaftsdüngern aus anderen Ländern der EU nach Deutschland – der sogenannte „Gülletourismus“ – weiter eingeschränkt werden.
„Die letzten Änderungen in der Düngeverordnung sind noch keine vier Jahre her – Veränderungen bedeuten für die Landwirte meistens enorme Kosten, ist es daher nicht einmal an der Zeit, den Landwirten Zeit zu geben, um auch einmal „finanziell aufatmen“ zu können?“, so die Meinung der Westfälisch-Lippischen Landjugend. „Wir Landwirte sind bereit, mehr Umweltschutz, aber auch Tierschutz zu betreiben, doch muss dies auch immer finanzierbar bleiben! Ich verspreche, dass die deutsche Landwirtschaft in 10 Jahren noch mehr Umweltschutz betreibt, wenn uns Landwirten dafür die nötige Zeit gegeben wird, denn uns Landwirten liegt die Umwelt und Natur am Herzen – was hätten wir davon, das kaputt zu machen, wovon wir, aber auch unsere Kinder noch leben sollen und müssen? Andernfalls könnte es sonst in einigen Jahren der Fall sein, dass unsere Nahrungsmittel aus Ländern importiert werden, in denen wir keinen Einfluss auf den Umweltschutz und Tierschutz haben, denn jede neue Verschärfung bedeutet ein weiteres beschleunigen des Höfesterbens“, so Stefan Schmidt.
Nitrat braucht im Übrigen, je nach Bodenart mehrere Jahre, bis es in unseren Grundwasservorkommnissen zu finden ist. Nitrat, welches heute im Grundwasser zu finden ist, haben daher unter Umständen bereits unsere Vorfahren gedüngt oder ist anderweitig entstanden. Außerdem sollte man nicht verschweigen, dass unsere Nitratwerte in den letzten Jahren konstant sind oder teilweise sogar gesunken sind. Daher sollte man Vorsicht walten lassen, die Landwirte weiter mit neuen Verordnungen unter finanziellen Druck zu setzen, bevor überhaupt sicher ist, inwieweit die Verschärfung der Düngeverordnung in den letzten Jahren bereits wirkt.
Eine weitere Tatsache ist, dass die Auswahl der Messstellen alles andere als repräsentativ gelaufen ist. Deutschland hat nur 0,4 Messstellen pro 1000qkm, andere EU Länder dagegen haben bis zu 8 Messstellen. Das Messstellennetz innerhalb der EU bedarf einer dringenden Überarbeitung. In Deutschland liegen die Messstellen an Orten, die eine tatsächliche Belastung aufweisen. Andere Länder stellen die Messstellen an weniger repräsentative Orten auf. Generell muss und sollte gesagt werden, dass Deutschland mit federführend ist, was die Wasserqualität anbelangt.
Sicher ist zudem, dass das Nitrat in den Gewässern nicht nur von Seiten der Landwirtschaft eingetragen wird, man möge nur einmal an die zahlreichen Kleingärten denken, in denen der leidenschaftliche Hobbygärtner düngt und spritzt, was er für richtig hält. Und zwar häufig mit denselben Mitteln wie auf den landwirtschaftlichen Betrieben, nur das der Kleingärtner keine mehrjährige Ausbildung hat. Dies erklärt auch, warum Grundwasservorkommen, die mit Nitrat belastet sind, teilweise auch in den Städten zu finden sind, obwohl weit und breit kein Ackerbau betrieben wird.
„Ziel sollte daher sein, insbesondere aus politischer Sicht, gemeinsam nach Lösungsansätzen zu suchen und gemeinsam das Problem zu beheben. Gemeinsam – damit ist gemeint, Politiker, Verbraucher aber nicht zuletzt auch uns Landwirte an einen Tisch zu holen und fair und sachlich das Problem anzugehen. Denn nur so hat unsere Landwirtschaft eine Chance“, so der Junglandwirt Stefan Schmidt.
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